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Enrico Mannig

„Natürlich entspannt Kraft tanken, Ruhe finden in der Heimat”


Ich bin Enrico Mannig. Meine Familie lebt seit mehreren Generationen in Gleicherwiesen, einem kleinen Dorf am Flüsschen Milz, am Fuße des Großen Gleichberges verwurzelt. Hier in einer idyllischen Landschaft im Süden Thüringens, weit weg von großen Städten, in den Milzauen, wo sich auch der Biber wohlfühlt und der Storch sein Zuhause hat, ist die Heimat unserer Familie.

Meine Vorfahren hatten in der Vergangenheit eine eigene große Landwirtschaft mit Milchvieh, Schweinen, Hasen, Hühnern, Gänsen und Feldern – also einen richtigen familiären Bauernhof. In den 1960iger Jahren wurde das Milchvieh enteignet und in die ortsansässige LPG eingegliedert. Mein Opa war der letzte Bauer in Gleicherwiesen, der seine Tiere hergegeben musste. Er arbeitete dann im LPG-Stall Gleicherwiesen. 2008 erwarben wir diesen großen, alten Stall. 50 Rindviecher wohnten hier bis ca. 1985. Ich habe sozusagen die Arbeitsstelle meiner Großeltern erworben, in der ich als Kleinkind die Liebe zu den Tieren entwickelte. Mein Opa war mein großes Vorbild. Ich wollte sein wie er und lernte deshalb den Beruf des Tierwirts – genau wie mein Opa. Nach der Wende überlegte mein Opa, ob er seinen Hof wieder mit mir zusammen aufbaut. Leider verstarb mein Opa Heinz 1997 viel zu früh. 1997 heiratete ich auch meine Frau Grit, eine Lehrertochter aus Leimrieth, die meine Tierliebe mit mir teilt. Im Jahr darauf wurde unsere zweite Tochter Viviane geboren. In dieser Zeit veränderte sich die Betreuung der Milchkühe enorm. Marktwirtschaft zog in die LPG ein. Die Tiere durften nicht mehr auf die Weide und wurden vom Melkroboter gemolken. Das konnte ich mit meinem Verständnis für Tierhaltung nicht vereinbaren und suchte mir eine Arbeit in der Industrie.

Foto: Kati Schulz

 

Steckbrief Name: Enrico Mannig Wohnort: Römhild OT Gleicherwiesen

Alter: 55 Jahre

 

Blick auf Simmershausen und Gleicherwiesen © Kati Schulz


Unsere ältere Tochter Dominique, welche 1991 mitten in der Abiturzeit meiner Frau geboren wurde, wünschte sich immer schon Kühe und meine Tochter Viviane immer ein Pferd. Fast wöchentlich versuchte ich dann mit Domi und Vivi meine Frau zu überreden, den großen, leeren Stall mit, für sie viel zu großen Tieren, zu füllen. Letztendlich haben wir drei meine Frau überzeugt.

Vor 15 Jahren zogen aber erstmal Hühner, Enten und Hasen ein. Unsere Katze „Woody“ komplettierte unsere tierische Familie. In dieser Zeit war unser Leben mit Veränderung, Karriere und Schule der Kinder geprägt. So verging ein Jahr nach dem anderen. Wir kamen in die Tretmühle des Erfolgs. Höchstleistungen – beruflich, schulisch und sportlich – trieben uns an. Wir hetzten auf die Arbeit, in die Schule oder zu sportlichen Wettkämpfen. Wir vergaßen die Zeit und die Sicht auf unser schönes Zuhause.

Zuhause ist der Milzgrund 22. Aber ist das Zuhause auch unsere Heimat? Das Haus, der Garten, der Stall? Was ist Heimat? Wann wird Heimat wichtig? Erst 2019, nach einem hektischen Jahr 2018, kam Grit zu dem Entschluss, etwas an unserem Lebensstil zu verändern. Wir wollten nachhaltiger leben und unseren stressigen Arbeitsalltag ergänzen. Meine Frau war mit ihrem Team der Station des Krankenhauses im April 2019 Alpakawandern, um vom beruflichen Stress etwas runterzukommen. Grit hatte zu diesem Zeitpunkt Angst vor Tieren, die größer als sie waren. Deshalb musste ich sie begleiten, um ihr Tier zu führen. Es regnete in Strömen, aber das war uns egal. Erst als wir wieder im Auto saßen, bemerkten wir, dass wir bis auf die Unterwäsche durchnässt waren. Meine Frau war von der seelischen Pause überrascht und äußerte sich, sie brauche solche Tiere, um den Arbeitsstress zu überstehen. Sie tun ihr einfach gut. Ich nahm dies wörtlich und schenkte ihr zum Geburtstag „Max“ und „Moritz“, zwei Alpakas. So begann unsere „Sucht” nach diesen Tieren. Die Natur in Gleicherwiesen ist von saftigen Wiesen und grünen Wäldern geprägt. Ein idealer Ort also, um einer fremdartigen Tierrasse ein zu Hause zu geben. Unsere Alpakas sollten uns wieder erden, denn aus der Ruhe bringen, lassen sich die ausgeglichenen Tiere nicht. Gelassenheit trat in unser Leben. Achtsamkeit zog wieder in unseren Alltag ein.

Ich wollte eigentlich lieber Lamas, meiner Frau aber waren diese Tiere zu groß. Heimlich kaufte ich mit meiner Tochter Viviane ein Lama. Nun war er da, unser „Felix”, und meine Frau war am nächsten Tag schockverliebt. Er durfte bleiben und ich war so glücklich. Und das übertrug sich auch auf unsere Töchter. Es wurden immer mehr Tiere. Alpakas und Lamas ergänzen so nun unsere Heimat. Der Milzgrund, ist dabei unser familiärer Mittelpunkt.


Enrico Mannig mit seiner Frau und den zwei Töchtern © Kati Schulz


Beim Wandern mit unseren Lieblingen begegneten uns viele Menschen und fragten uns, ob wir Wanderungen anbieten. So kamen wir auf die Idee, dies umzusetzen und wir gründeten 2019 die kleine Firma „Gleichbergalpaka“, in der wir uns alle verwirklichen können.

Ich pflege die Tiere mit Hingabe. Meine Frau benutzt die Wolle zum Stricken. Meine große Tochter Dominique verwirklicht sich im Design und Fotografie und die Bewegungslust unser Tochter Viviane wird voll und ganz gestillt.

Unsere Touren gehen entlang der Wiesen, Feldwege und Radwege mit wenig Höhenunterschied. Deshalb sind unsere Touren für Kinderwägen geeignet. Aber auch Touren für sportliche Wanderer sind möglich. Zukünftig planen wir Tagestouren mit den Lamas auf den Großen Gleichberg (ca. 15 km). Diese können dann bequem unser Gepäck tragen. Für alle, die zu sich selbst finden möchten, bieten wir Alpaka-Wanderungen mit anschließendem Waldbaden an. Auch bei Kindergeburtstagen sind unsere Alpakas und Lamas ein einmaliges und unvergessliches Erlebnis. Wir nehmen die Wanderbuddys ein Stück mit, um zu zeigen, wie schön die Tiere sind und wie herrlich sie in unser Leben passen. Wir lassen unseren Gästen ein wenig an unserem Glück teilhaben.

Unsere Vision ist, die Tiere ganzheitlich zu erleben und die Rohstoffe des Tieres zu nutzen. Alle Produkte, die wir verkaufen – wie Seifen, Wolle und Dünger – sind von uns selbst getestet und wir nehmen diese nur in unser Sortiment auf, wenn wir sie für gut befinden.


© Kati Schulz


Doch was bedeutet nun Heimat für mich? Eine Definition gibt es dafür nicht wirklich.

Ist Heimat ein Ort, ein Mensch oder ein Geruch? Für mich und meine Familie ist Heimat das Gefühl des Nachhausekommens und Zufriedenseins, aber auch der Stall mit unseren Tieren. Für meine Frau ist Heimat unsere Familie, für unsere Dominique sind es die Gleichberge und für Viviane die Trauerweide an der Alpakakoppel.

Die Alpakas und Lamas sind ein großer Teil unserer Familie geworden – ein Bindeglied, welches unser gemeinsames Leben entschleunigt und den Heimatgedanken in uns verstärkt. Die Alpakas leben im Hier und Jetzt. Feinfühlig reflektieren sie unser Handeln und lehren uns einen besonnen Umgang mit uns selbst und der Natur. Wir möchten sie einladen, mit unseren Tieren die Natur zu entdecken und der Zeit eine andere Dimension zu geben, achtsam für die Umwelt zu leben und offen für die Welt um uns herum. Unsere Tiere vermitteln eine andersartige Lebensphilosophie. Wir möchten Sie ein kleines Stückchen daran teilhaben lassen, die Welt mit anderen Augen wahrzunehmen und Ihnen ein paar Stunden Glück und Freude schenken.


Erschienen in der Ausgabe 12/2023 und 01/2024 (zum Heftarchiv).

 


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